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Der Soldat mit der zweiten Chance

Ein signiertes informelles Gruppenporträt von vier australischen Soldaten, von links nach rechts: Corporal James Bedford vom 16. Bataillon, Sergeant Maurice Vincent Buckley VC DCM des 13. Bataillons, Sgt W Marshall MM des 16. Bataillons und Regiments Sergeant Major Tandy MM 16. Bataillon (AWM A03072).

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Veröffentlicht am Juni 4 2018

Der Beginn von Maurice Buckleys Militärdienst war reichlich ernüchternd. Er trat eine Woche vor Weihnachten 1914 ins 13th Light Horse Regiment ein, brach nach Gallipoli auf, gelangte aber nie dorthin.

Nach seiner Ankunft in Ägypten zog Buckley sich eine Geschlechtskrankheit zu und wurde ins „Pockenlager“ der Armee nach Langwarrin Gippsland in Australien geschickt. Dieses Lager trug ein ernsthaftes Stigma, das für Buckley noch durch die Tatsache verschlimmert wurde, dass er nie die Front gesehen hatte.

Einige Monate, nachdem man ihn nach Langwarrin geschickt hatte, verließ Buckley das Lager und kehrte nicht mehr zurück, was dazu führte, dass man ihn zum Deserteur erklärte.

Im Ersten Weltkrieg wurden Deserteure vor das Kriegsgericht gestellt und erhielten schwere Strafen, darunter Haft und sogar der Tod. Etwa 346 Soldaten wurden von der britischen Armee hingerichtet.

Als ‚Deserteure‘ abgestempelte Soldaten wurden von der Gemeinschaft mit Verachtung behandelt – was dadurch noch schlimmer gemacht wurde, dass man Deserteure öffentlich anprangerte und ihre Namen in landesweiten Zeitungen allgemein bekannt machte.

Doch das hielt Buckley nicht von dem Versuch ab, sich zu rehabilitieren. Mitte 1916 meldete Buckley sich erneut zur Australian Imperial Force, wobei er das Pseudonym ‚Gerald Sexton‘ verwendete. Gerald war Buckleys zwanzigjähriger Bruder, der acht Monate zuvor in einem Armeelager an Meningitis gestorben war, und Sexton war der Mädchenname seiner Mutter.

Im Januar 1917 trat Gerald Sexton die Seereise zu den Schlachtfeldern Frankreichs an, wo er an der Somme zum 13th Battalion kam.

Er erwies sich rasch als engagierter Soldat und kämpfte in einigen der berüchtigtsten Schlachten des Ersten Weltkriegs: Bullecourt, Polygonwald, Ypern, Passendale, Hebuterne, Villers-Bretonneux und Hamel. Er wurde im Januar 1918 zum Obergefreiten befördert und befehligte im Juni als Unteroffizier die Lewis-Abteilung.

Obgleich als ‚leichtes‘ Maschinengewehr klassifiziert, war das Lewis-Gewehr ein sperriger Ausrüstungsgegenstand mit einem Gewicht von fast 14 Kilogramm.

Im März 1918 begannen die Deutschen ihre Frühjahrsoffensive und rückten bis auf Geschützreichweite auf Amiens vor.

Am 8. August erfolgte der Gegenstoß der Alliierten. Innerhalb eines Tages eroberten australische Infanteristen 10 Kilometer von den Deutschen zurück.

In dieser Schlacht wurde Sextons Kompanie bei vier verschiedenen Gelegenheiten durch plötzliches feindliches Maschinengewehrfeuer aufgehalten. Sextonsetzte jede feindliche Stellung rasch außer Gefecht, indem er sein Lewis-Gewehr mit großem Geschick einsetzte. Als das Bataillon einmal durch hohes Getreide vorrückte, feuerte ein verborgenes Gewehr in die Reihen und verursachte schwere Verluste. Heißt es in seiner ehrenvollen Erwähnung:

„Er [Sexton] stand vor den Augen des Feindes auf und feuerte aus der Hüfte, bis er das feindliche Maschinengewehr außer Gefecht gesetzt hatte. Während des gesamten Tages zeigte er Initiative in Verbindung mit Kaltblütigkeit.“

Er wurde am 28. August als Feldwebel bestätigt und erhielt für diese Taten die Distinguished Conduct Medal verliehen.

Sexton, bereits ein dekorierter Soldat, zeichnete sich beim Angriff bei Le Verguier nordwestlich von Saint-Quentin am 18. September 1918 erneut aus, wofür ihm ein Victoria Cross verliehen wurde.

Seine ehrenvolle Erwähnung für das Victoria Cross lautet:

„Feldwebel Sexton zeigte höchst auffallenden Mut und vollbrachte Taten die abgesehen von ihrem tapferen Charakter in erheblichem Maße für den Erfolg des Bataillons verantwortlich waren.

Am südlichen Rand des Dorfes Le Verguier kämpfte der Feind hart und ernsthafter Widerstand musste niedergerungen werden. Während der gesamten Zeit des Vorrückens war Feldwebel Sexton an vorderster Front und erledigte feindliche Maschinengewehre, indem er aus der Hüfte feuerte, während er vorrückte, feindliche Stellungen stürmte und mutige Taten vollbrachte, die man besser würdigen kann, wenn man zur Kenntnis nimmt, dass er die ganze Zeit sein Lewis-Gewehr aus der Hüfte feuerte, ohne zu wanken oder für einen Moment in Deckung zu gehen …“

Sexton stürmte mindestens sechs feindliche Maschinengewehrstellungen, eroberte ein Feldgeschütz und nahm fast 100 Gefangene.

Die Auszeichnung wurde unter dem Namen Sexton bekanntgegeben, bis Buckley seine wahre Identität enthüllte; man nahm eine zweite Bekanntgabe mit seinem richtigen Namen vor. Buckley kehrte nach Australien zurück und wurde im Dezember 1919 aus der Armee entlassen.

Am 15. Januar 1921, im Alter von 30 Jahren, erlitt Buckley tödliche Verletzungen, als er versuchte, mit seinem Pferd in Boolarra (Victoria) über die Bahnschranken zu springen. Zehn Inhaber des Victoria Cross waren bei seinem Begräbnis die Sargträger.

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