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Veröffentlicht am 16 Mai 2018

Vier lange Jahre lang waren die belgischen Flanders Fields Schauplatz eines Blutbades, das es so noch nie zuvor gegeben hatte. Als am 11. November 1918 der Frieden endlich zurückkehrte, war von der ursprünglich Landschaft praktisch nichts mehr übrig. Die Gegend war nun als Verwoeste Gewesten bekannt – das verwüstete Land.

Dieses „Verwüstete Land“ erhielt unter der Nachkriegsregierung einen Sonderstatus. Zwei Aktionspläne wurden umgehend aufgestellt und umgesetzt.

Der erste diente der Bergung, Identifizierung (wenn möglich) und Beerdigung der Leichen der Soldaten, die an der Front ihr Leben gelassen hatten. Viele von ihnen lagen über Jahre hinweg dort unbegraben und ihre Identität war nicht länger bestimmbar. Andere waren in Zwischengräbern beigesetzt worden – sie wurden exhumiert und fanden in ordentlichen Friedhöfen ihre letzte Ruhestätte.

Die zweite Aufgabe war die Säuberung, Begradigung und Auffüllung des zerfurchten Bodens, der von Schützengräben, Einschlagslöchern, Stacheldraht und Kratern übersät war. Wo möglich, wurde die Munition eingesammelt und entschärft. Der chinesische Arbeitstrupp der britischen Armee (Chinese Labour Corps) spielte bei der Säuberung eine Schlüsselrolle. Er hatte die Schützengräben und Latrinen ursprünglich gegraben und der Unterstützung der kämpfenden Einheiten gedient. Nach 1918 blieben die Männer in Flandern und halfen bei der Säuberung des Kriegsschauplatzes. Erst 1920 kehrten sie nach China zurück.

Sobald ein Bereich als sicher eingestuft worden war, durften die Zivilisten in das Kriegsgebiet zurückkehren. Doch sie wurden gewarnt, sich auf das Schlimmste gefasst zu machen. Eine kleine Anzahl von ihnen – vor allem flämische Bauern, die nach Frankreich geflohen waren – blieben in ihren Adoptivländern und bauten sich dort ein neues Leben auf.

Für viele stellte sich das, was sie vor Ort vorfanden, als das schlimmste anzunehmende Szenario heraus. Viele kehrten in eine Heimat zurück, in der die Gebäude abgebrannt waren und Plätze, in denen sie gelebt und die ihnen so vertraut waren, nicht länger existierten. Ein Mann aus Ypern konnte seinen Bauernhof nicht ausmachen, bis er einen Wasserhahn an einer Leitung fand, die er 1914 verlegt hatte. Das war alles, was von seinem Hof übrig geblieben war.

Während der Säuberung und des Wiederaufbaus waren viele der Zivilisten in Zwischenunterkünften untergebracht. Einfache Hütten und Schuppen wurden errichtet und manche der Zivilisten richteten sich in den verwaisten Hütten ein, die während des Krieges als temporäre Soldatenunterkünfte errichtet worden waren.

Gebäude, Häuser und Denkmäler wurde Schritt für Schritt, eines nach dem anderen wieder aufgebaut. Ab Juli 1919 erhielten diejenigen, die nach Ypern und in die zerstörte Umgebung des Ypernbogen zurückkehren wollten, staatliche Unterstützung. Die Beihilfen trugen zur Errichtung einfacher, temporärer Unterkünfte bei, in denen die Rückkehrer leben konnten. Außerdem wurden Reparationszahlungen für die Kriegsschäden angeboten, so dass die Menschen auf ihren alten Grundstücken mit dem Neuaufbau beginnen konnten.

Ein großes Problem bei der Rehabilitation der Gegend war der fehlende Zugang zu sauberem Trinkwasser. Der Fluss Yser und die beiden Seen, aus denen Ypern sein Wasser bezog, waren komplett kontaminiert und nicht als Trinkwasserquellen geeignet. Die lokalen Brauereien fanden eine Lösung für das Problem, indem sie tiefe Löcher bohrten und daraus Trinkwasser förderten – eine Technik, die sie sonst für ihren Brauprozess nutzten.

Die ausgiebig in der Region eingesetzten Chlor-, Phosgen- und Senfgase hatten alles Leben in ihrem Pfad ausgelöscht. Das belgische Landwirtschaftsministerium stellte neues Saatgut und Pflanzen bereit. Die Niederlande spendeten Vieh, Pferde und sogar Hühner. Langsam aber sicher kehrte neues Leben in das verwüstete Land zurück.

Für die Zivilisten und Arbeiter war die Rückkehr in die Gegend nicht gefahrlos. Schätzungen zufolge war ein Viertel der Projektile, die während des Ersten Weltkrieges abgefeuert wurden, nicht explodiert und noch immer scharf. Bauern wurden immer wieder von Blindgängern verstümmelt oder getötet. Es wurde alsbald deutlich, dass die erste Säuberungsaktion viel zu oberflächlich gewesen war.

Manche nutzten die Situation für sich aus und einige wurden sogar durch die Sammlung und den Verkauf von Kriegsmemorabilia reich oder verdienten viel Geld durch „Tiefengrabungen“, in deren Verlauf sie den Boden komplett abtrugen, alle Geschosse entfernten und den Boden als „sauber“ erklärten. Beide Tätigkeiten waren extrem gefährlich.

Es ist kaum zu glauben, doch die so genannte „Wiederaufbauzeit“ dauerte im Verwoeste Gewesten bis 1967, als in Ypern der letzte Anbau zu den Tuchhallen fertiggestellt wurde.

Die Folgen des Ersten Weltkrieges sind noch heute spürbar und Jahr für Jahr werden tonnenweise rostende Bomben, Granaten, Mörser und Geschosse zutage gefördert. Die Einheimischen nennen dies die „Eiserne Ernte“.

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